Durch den Süden Mallorcas: Mandelblüten, alte Windmühlen und türkisblaue Buchten
Besonders schön ist eine Radtour im Süden Mallorcas außerhalb der Saison. Die Temperaturen sind angenehm, inmitten der Natur trifft man auf Pferde, Schafe und Esel, an der Küste locken kleine, türkisblaue Buchten und im Inselinneren ruhige Orte mit typisch mallorquinischen Steinhäusern.
Während sich rund um Palma und im Norden Mallorcas die Touristen tummeln, ist der Süden noch so etwas wie ein Geheimtipp. Vor allem außerhalb der Hauptsaison, im Frühjahr und Herbst, sind hier nur wenige Touristen unterwegs. Dann ist eine Radtour ein besonderes Vergnügen. Und im Gegensatz zum Norden, wo es im Tramuntana-Gebirge in vielen Serpentinen bergauf und bergab geht und Radler und Autofahrer sich häufig in die Quere kommen, radelt man im Süden auf schmalen Straßen und gut ausgebauten Nebenwegen fast autofrei durch eine flache, nur hier und da leicht hügelige Landschaft.
Wer noch zögert, ob man dafür einen Helm tragen sollte, dem wird die Überlegung abgenommen: Auf Mallorca gilt für Radfahrer Helmpflicht. Wer sich nicht daran hält, dem drohen Strafen bis zu 200 Euro. Ausnahmen gelten angeblich bei starker Hitze und langen Steigungen – verlassen sollte man sich darauf besser nicht.
Vom Ferienort Colònia de St. Jordi folgt man einer kleinen Landstraße nach Nordosten. Direkt daneben verläuft ein breiter Radweg, in leichten Steigungen und Gefällen geht es flott voran. Überall stehen alte Windmühlen wie die Wehrtürme einer Festung in der Landschaft. Manchmal sind es nur kleine, verwitterte Steingebäude, manchmal ragen noch die Stangen des alten Eisenrads in die Höhe – die Flügel der Mühle fehlen aber meist.
Schlichte mallorquinische Steinhäuser und versteckte Buchten
Hinter dem Dorf „Ses Salines“ folgt man Nebenwegen, die oft auf beiden Seiten von Naturstein-Mauern gesäumt sind, durch saftig grüne Wiesen und Felder. Im Frühjahr ist es hier besonders schön: Die Wiesen sind ein Meer aus gelben und weißen Blüten, überall blühen leuchtend rosa und duftend die Mandelbäume. Und immer wieder gibt es am Wegrand etwas zu entdecken: Ein paar zutrauliche Pferde auf der Weide, eine Herde Schafe mit ihren Lämmern oder einen Pferch mit schwarzen Schweinen, die sich träge im Schlamm suhlen.
Bald durchquert man den Ort „Es Llombards“ mit seinen niedrigen, schlichten Steinhäusern, dann hält man sich weiter nach Nordosten und erreicht nach einer leichten, aber langgezogenen Steigung das Städtchen „Santanyí“. Hier lohnt sich ein kurzer Abstecher ins Zentrum. Entlang der Fußgängerstraße reihen sich schlichte mallorquinische Steinhäuser, gemütliche Cafés und Läden mit Kunsthandwerk. Kleine Highlights sind die Steinkirche Sant Andreu de Santanyí mit ihrer alten Orgel und das Rathaus, vor dem die Flaggen Spaniens und der Balearen prangen.

Ein Felsbogen mitten im Meer
Vorbei an alten Brunnen und windschiefen Steinkreuzen radelt man nach Süden aus der Stadt hinaus und folgt einer kleinen Straße durch die in kräftigen Farben leuchtende Landschaft bis zum Ferienort „Cala Llombards“. Ehe man sich versieht, steht man schon an der Küste – und schaut von einer kleinen Anhöhe auf eine schmale, verträumte Bucht, in der das Meer türkisblau schimmert. Zwischen kleinen, bunten Ferienhäusern führt eine Treppe hinunter zum Strand. Wie in vielen der kleinen Buchten Mallorcas liegt er ganz hinten in der von Steilfelsen umgebenen Bucht. Auf der rechten Seite kann man über die Felsen nach vorne kraxeln und auf einem kleinen Felsplateau über dem Meer eine Pause machen, neugierige Möwen beobachten und seinen Blick über das karibikblaue Wasser schweifen lassen.
Dann geht es wieder zurück zu den Rädern. Um eine kleine Besonderheit an der Küste zu erreichen, muss man einen kurzen Bogen fahren: Ein Stück zurück nach Norden und wieder nach Süden, bis man kurz vor der Küste auf einen von Wurzeln überwachsenen Fußweg stößt. Hier lässt man die Räder wieder stehen und kraxelt ein paar hundert Meter bergab. Dann sieht man ihn schon hoch aus dem Wasser ragen: Den natürlichen Felsbogen Es Pontas, einen beliebten Ort für Ausflügler, die hier Erinnerungsfotos und Selfies schießen.
Wenn man oberhalb der Küste noch ein Stück nach Westen läuft, steht man bald am Rand einer kleinen, fast kreisrunden, von schroffen Felsen umgebenen Bucht. Der Name ist passend: Caló de Ferredura, Hufeisenbucht. Oberhalb der Felskante, wo es senkrecht nach unten geht, ein atemberaubender Anblick.
Erfrischendes Bad und kleine, weiß-blaue Boote
Wieder bei den Rädern, hält man sich nach Norden und hat schnell den Ferienort „Cala Santanyí“ erreicht. Hier dominieren moderne Ferienhäuser und mehrstöckige Appartment-Blocks das Ortsbild. Dennoch ist es auch hier schön: Nachdem man auf der Hauptstraße ein Stück bergab gerollt ist, erreicht man den breiten, hellgelben Sandstrand, der wieder am Ende einer schmalen, felsigen Bucht liegt. Nach den Mühen ist jetzt Erfrischung angesagt: Schnell geht es hinein ins tieflblaue, glasklare Wasser. Im Frühling ist es allerdings trotz strahlender Sonne noch ziemlich kalt.
Spontan eine Mittagsrast einzulegen, ist – wie in vielen kleinen Orten Mallorcas – etwas schwierig. Die meisten Läden und Cafés machen eine lange „Siesta“, so etwa von 13 bis 16 Uhr. Und das auch in der Nebensaison, in der es noch gar nicht heiß ist. Also am besten gleich morgens eine Brotzeit einpacken oder vor der Mittagszeit schnell in einem Supermarkt einkaufen.
Wer Lust auf weitere Erkundungen hat, durchquert „Cala Santanyí“ nach Norden, überwindet eine kurze, aber steile Steigung und hält sich auf einer kleinen, ruhigen Nebenstraße nach Südosten. Hier liegt schon der nächste kleine, verträumte Küstenort: „Cala Figuera“ mit seiner tief ins Land eingeschnittenen Bucht. Sie dient als natürlicher Bootshafen, überall schwimmen kleine weiß-blaue Boote auf dem Wasser. Östlich von hier erstreckt sich der „Parc natural de Mondragó“, wo man auf Naturpfaden durch Feuchtgebiete mit vielen Vögeln wandern oder weitere kleine, versteckte Buchten entdecken kann.
Auf Varianten Neues entdecken
Für den Rückweg folgt man weitgehend der gleichen Strecke. Direkt an der Küste entlang zu fahren, ist leider nicht möglich – oder nur für unerschrockene Abenteurer, die ihr Rad gerne mal schieben oder tragen. Denn das Ufer ist an vielen Stellen felsig und zerklüftet, hier gibt es keine durchgängige Straße oder gut befahrbare Wege. Dafür ist es einfach, sich auf den vielen kleinen, von Steinmauern gesäumten Wegen eine neue Variante zu suchen – zwischen knorrigen, mit Flechten überzogenen Bäumen, neugierigen Eseln und alten, runden Steinöfen, die verlassen in der Landschaft stehen.
Eine der Varianten führt hinter „Ses Salines“ zu den Salinen von „Es Trenc“. Man folgt einfach ein paar Nebenwegen nach Norden und erreicht bald ein weitläufiges Gelände mit flachen, rechteckigen Wasserbecken. An den Seiten türmen sich leuchtend weiße Hügel aus Salz – aus der Ferne könnte man sie fast für Schnee halten. In einem kleinen Laden gibt es Salz- und Kosmetikprodukte zu kaufen: Fleur de Sel, Chips und Seifen. Dann ist man nach wenigen Kilometern auf einer ruhigen Landstraße zurück in der Ferienidylle von „Colònia de St. Jordi“. Hier kann man sich wie ein typischer Mallorca-Urlauber dem Nichtstun widmen und sich am Pool in der Sonne rekeln.
Text und Fotos: Christine Amrhein
Praktische Infos
Angaben zur Route
Gesamtstrecke: ca. 55 km
Abstecher nach Cala Figuera und zurück: ca. 10 km
Fahrtzeit: Halbtagestour oder gemütliche Tagestour mit Stopps
Attraktionen
Santanyi:
Kirche Sant Andreu de Santanyí aus dem 18. Jahrhundert mit barocker Orgel, Ajuntament de Santanyí (Rathaus), alte Steinhäuser, Fußgängerstraße mit Cafés und Kunsthandwerkgeschäften
An der Küste:
Cala Llombards, Cala Santanyí: schmale Felsbuchten mit Sandstränden und türkisblauem Wasser
Aussichtspunkt Mirador del Pontas mit Blick auf den Felsbogen Es Pontas, in der Nähe kleine runde Felsbucht Caló de Ferredura
Cala Figuera: kleiner Ort an tief eingeschnittener Bucht mit kleinen Booten
Salinen von Es Trenc
Becken zur Salzgewinnung mit großen Salzhügeln
Beste Reisezeit
Die besten Jahreszeiten für eine Radtour im Süden Mallorcas sind das Frühjahr (Mitte Februar bis Mai) und der Herbst (Oktober und November), wenn die Temperaturen angenehm mild sind. Im Sommer kann es sehr warm und im Winter kühl und regnerisch sein.
Fahrradverleih in Colònia de St. Jordi
Ciclos Mora Rent a Bike
Radverleih im Norden des Orts
Avenida Primavera, 46 Colònia de St. Jordi
Web: www.ciclosmora.com
Tel.: +34 971 65 66 97 Handy: +34 678 408 700
e-Mail: info@ciclosmora.com
Team Double J
Radverleih am Nordrand des Orts
Avenida Primavera, 7 Colònia de St. Jordi
Web: www.teamdoublej.com/de
Tel. +34 971 65 57 65 Handy. +34 670 309 221
e-Mail: team@teamdoublej.com
Hotels in Colònia de St. Jordi verleihen häufig Fahräder an ihre Gäste.
Infos über die Autorin
Dr. Christine Amrhein hat Psychologie studiert und in diesem Fach auch promoviert. Seit 2007 arbeitet sie als freie Journalistin, hauptsächlich als Wissenschaftsjournalistin.
Reisen und Fahrradtouren sind ihre großen Leidenschaften, so dass sie auch über diese Themen regelmäßig schreibt.