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Radtour am Balaton

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Ungarn: Radfahren am Balaton

Erlebnistouren am „ungarischen Meer“

Zunächst denkt man an Bade- und Party-Atmosphäre. Doch der Plattensee überrascht: Mit kleinen, ursprünglichen Orten, hügeliger Landschaft, rustikalen Weinfesten, ruhigen Badestränden und idyllischen Radwegen entlang des Seeufers.

Der Balaton – das Wort weckt sofort Assoziationen: das „Meer Ungarns“. Beliebtes Urlaubsziel für Ost- und Westdeutsche in Zeiten des Kalten Krieges. Flaches Wasser, in dem man eher plantschen als baden kann. Volle Strände, an denen Musik und Alkohol angesagt sind. Ballermann-Atmosphäre? Wie lange wird man es dort wohl aushalten?

Doch dann ist es ganz anders. Von Veszpém aus dem Norden kommend, saust man über sanfte, grüne Hänge bergab. Schon aus der Ferne schimmert unterhalb der Plattensee wie ein großer, silberner Spiegel. Beim kleinen Dorf Alsóörs gelangt man ans Seeufer und folgt dem geteerten, ausgeschilderten Radweg nach Südwesten, vorbei an hohem Schilf und ein paar ruhigen Badestränden.

Bald ist Balatonfüred erreicht – einer der Hauptorte am See und ein bekannter Kur- und Badeort. Von Ballermann hier keine Spur: Auf der grünen, gepflegten Uferpromenade flanieren Pärchen, Familien mit Kindern und Senioren an kleinen Buden mit Snacks und Eis vorbei. Auf dem See ziehen kleine, bunte Boote und Segelschiffe ihre Kreise. Ganz im Westen trifft man auf den ruhigen Platz Gyogy tér, um den sich prächtige alte Häuser reihen. In der Mitte steht der Kossuth-Lajos-Trinkbrunnen: ein kleiner Pavillon, an dem sich die Besucher becher- und flaschenweise das mineralienhaltige Heilwasser abfüllen.

Halbinsel Tihany: Der „schönste Ort Ungarns“

Wer Glück hat und zur richtigen Zeit im Sommer da ist, kann das Weinfest am Seeufer miterleben: Überall reihen sich dann kleine Holzbuden, die Wein aus der Region in 0,1-Liter-Gläsern anbieten. Vor dem Kauf kann man sich – problemlos auch auf Deutsch – bei den freundlichen Verkäufern informieren und den einen oder anderen Wein verkosten. An weiteren Buden warten deftige ungarische Spezialitäten: Saftige Steaks und riesige Bratwürste, Schmalzbrot mit Paprika und Zwiebeln und knusprige Bratkartoffeln. Und von irgendwoher erklingt immer Musik: Ungarische Volksmusik mit Gitarre und Akkordeon – oder auch die Klassiker des englischen Pop.

Am nächsten Tag radelt man in der noch frischen Morgenluft am grünen Seeufer entlang, bis man nach etwa zehn Kilometern die Halbinsel Tihany erreicht. „Hier ist der schönste Ort Ungarns“, schreibt ein Anwohner im Internet. „Ich würde nie woanders leben wollen.“ Tatsächlich hat die Halbinsel ihren ganz eigenen Reiz. Ein Stück hügelaufwärts liegt der ruhige Ort Tihany. Hier reihen sich denkmalgeschützte Fischer- und Wohnhäuser, die mit ihren reetgedeckten Dächern an die Ostsee erinnern. Und in urigen, renovierten Steinhäusern findet man die typischen Souvenirs der Region: Lavendel-Säckchen, Töpferwaren und getrocknete Paprika.

Das Schmuckstück des Ortes ist die prächtige, barocke Abteikirche aus dem 11. Jahrhundert. Vom Plateau daneben bietet sich ein unglaublicher Rundblick über die gesamte Halbinsel und das hügelige Seeufer im Norden. Schließlich ist da noch der Kratersee Belső-tó etwas unterhalb des Ortes: ein Überrest aus den Zeiten aktiver Vulkane, heute ein Naturschutzgebiet mit dichtem Schilf und vielen Fischen.

Siófok: Heimat des Künstlers Imre Varga

Zum Fähranleger in Tihanyrév an der Südspitze der Halbinsel sind es nur knapp vier Kilometer. Von dort ans südliche Seeufer zu gelangen, ist ein Katzensprung: Die große Autofähre fährt alle paar Minuten, nimmt Fußgänger und Radfahrer mit und erreicht schon nach 10 Minuten die andere Seite. Von hier kann man einen Ausflug ins etwa 15 Kilometer entfernte Siófok unternehmen: Immer in der Nähe des Seeufers geht es durch idyllische Wohnsiedlungen mit kleinen Steinhäusern in grün-überwucherten Gartengrundstücken. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Unterwegs gibt es immer wieder Badewiesen und Strände, an denen man problemlos einen Badestopp einlegen kann. Das Seewasser ist zwar etwas trüb und schlammig – doch die Wasserqualität laut Information aus dem Internet sehr gut. Amüsant ist auch, andere Badegäste zu beobachten, die träge im lauwarmen, hüfttiefen Wasser herumwaten.

Siófok ist zwar keine Schönheit – aber der Heimatort des ungarischen Bildhauers Imre Varga. Mehrere große Metallskulpturen des Künstlers reihen sich um den Hauptplatz: fröhlich tanzende Frauen, ein nachdenklicher Dichter, eine Männergruppe mit Regenschirmen. All das wird überrragt von einem 45 Meter hohen, historischen Wasserturm. Durch einen gepflegten Uferpark mit vielen Blumen gelangt man zum Fährhafen. Attraktion für Jung und Alt sind hier die Wasserfontänen, die sich zur Musik von Beethoven oder Franz Liszt bewegen. Mit der Fähre gelangt man unkompliziert und mit wunderbaren Ausblicken wieder zurück nach Tihany oder Balatonfüred.

Interessanter ist aber doch das nördliche Seeufer. Von Tihany führt der Radweg an den Hängen etwas oberhalb des Sees durch Wiesen, Lavendelfelder und ruhige kleine Orte, später geht es wieder näher am Seeufer entlang. Einen unkomplizierten Abstecher durchs Kali-Becken kann man von Zánka oder Révfülöp aus machen. Etwas gegen den Wind strampelt man durch das weitläufige Vulkanbecken mit seinen wie von der Zeit vergessenen Dörfern: Köveskál mit zwei großen, alten Steinkirchen, Szentbékkálla mit seiner Kirche auf einem Hügel, Mindszentkálla und Salföld mit weiß verputzten, zart verzierten Wohnhäusern. Dazwischen stößt man auf schroffe Felsen und seltsame Steinformationen, die ebenfalls aus der Zeit aktiver Vulkane stammen.

Durch Weinberge auf den Basalthügel Badacsony

Bei Ábrahámhegy trifft man wieder auf das Seeufer. Von hier ist es nicht mehr weit zum idyllischen Dorf Badacsony, das sich am Hang unterhalb des gleichnamigen Hügels erstreckt. Kein Wunder, dass man von vielen Unterkünften einen traumhaften Blick über den See hat. Am nächsten Morgen startet man am besten früh, um den Gipfel des Basalthügels Badacsony zu erklimmen. Das erste Stück durch die Weinberge kann man noch mit dem Rad zurücklegen. Anschließend geht es im dichten Wald und vorbei an Felsnasen zu Fuß bergauf.

Einen richtigen Gipfel gibt es nicht – aber einen Aussichtsturm mitten im Wald. Dort kann man den lästigen Fliegen entkommen, die überall zwischen den Bäumen herumschwirren, und über die Baumwipfel in alle Himmelrichtungen schauen. Auf einer Seite der weitläufige See und die mit Weinreben und Villen übersäten Hänge, rundherum kegelförmige Vulkanhügel in saftig grüner Landschaft.

Anschließend hat man sich einen Badetag in einem der umzäunten Strandbäder verdient. Hier findet man alles, was der Plattensee-Badegast so braucht: Eis am Stiel und Schnitzel mit Pommes, Schwimmreifen und Bade-Krokodile, Tretboote und SUPs zum Leihen. Gut erholt kann man abends in einer Ansammlung rustikaler Csarda-Restaurants im Zentrum Wein aus der Region probieren – und sich den Bauch mit Gulasch, fettigen Langos-Fladen oder riesigen Haxen vollschlagen.

Eine verwinkelte Burg und ein Märchenschloss

Zumindest wird man die Kalorien am nächsten Tag wieder los: Noch 30 Kilometer sind es bis ins Seebad Keszthely am Westende des Sees. Nach einem Bogen um den Badacsony-Hügel entfernt sich der Radweg ein Stück vom See. Schade eigentlich – doch dann kommt eine Überraschung: Hoch oben auf einer Hügelspitze thront unvermittelt die Burg Szigliget.

Der Weg nach oben ist zwar steil, aber die Mühe lohnt sich. Es macht Spaß, die verschachtelte Burganlage mit ihren wehrhaften Mauern und Türmen und einer Vielzahl von Innenhöfen und Räumen zu erkunden. Immer wieder bieten sich beeindruckende Ausblicke: Auf den etwas abgelegenen Ort Szigliget, den hellblau schimmernden See und die hügelige Umgebung. Ein großer Teil der Burg ist zwar wieder aufgebaut – dafür erfährt man viel über das mittelalterliche Burgleben und die Schlachten der Ungarn gegen Türken und Tataren.

Nach einem kurzen Stück neben der Hauptstraße schlängelt sich der Radweg durch Wiesen und Gebüsch am schilfbestandenen Seeufer entlang, bis man das Städtchen Keszthely erreicht – einen der schönsten Orte am Plattensee. In der Fußgängerstraße reihen sich historische Gebäude, Cafés und Eisdielen aneinander, über den weitläufige Hauptplatz Fő tér ragen das imposante Vajda János Gimnázium und die Kirche „Unserer lieben Frau von Ungarn“ auf. Der Höhepunkt ist aber das prächtige Barockschloss Festetics. Mit seinen eleganten cremefarbenen Gebäuden, den Türmchen und steilen Schieferdächern erinnert es an ein Loire-Schloss in Frankreich.

Baden im Schlamm für die Gesundheit

Nicht weit von Keszthely wartet als Letztes noch eine etwas kuriose Attraktion: Sieben Kilometer westlich liegt der Kurort Héviz – auf einem Radweg durch Felder und bergab im Wald ist er schnell erreicht. Berühmt ist Héviz für seinen Thermalsee, der aus einer Thermalquelle in 38 Metern Tiefe gespeist wird. Sein mineralienreiches Wasser soll gut für die Gesundheit sein und bei Leiden wie Rheuma oder Gelenkschmerzen helfen.

Als gesunder Radfahrer fühlt man sich hier etwas fehl am Platz: Im nur 4,4 Hektar großen See dümpeln die Badegäste an Schwimmnudeln im lauwarmen Wasser. Wer nicht badet, döst in Liegestühlen auf den Badewiesen rund um den Tümpel. Das Wasser ist trüb und modrig, dennoch kostet der Spaß – im sonst günstigen Ungarn – 12 Euro Eintritt. Interessant sind immerhin die Bauten, die sich um den See und über dem Wasser erstrecken: Elegante Holzgebäude mit spitzen Türmen, die durch lange, überdachte Stege verbunden sind. Und wer weiß: Vielleicht lebt man jetzt ja ein paar Jahre länger.

Text und Fotos: Christine Amrhein

Praktische Infos

Angaben zur Route

Gesamtstrecke: ca. 117 km
Fahrzeit mit Stopps: ca. 3-5 Tage

Balatonfüred – Tihanyrév (Fähranlegestelle): ca. 10 km
Szántódi Rév (Fähranlegestelle) – Siófok: ca. 13 km
Balatonfüred – Révfülöp: ca. 30 km
Rundtour Káli-Becken (Révfülöp – Kővágóörs – Köveskál – Szentbékkálla – Mindszentkálla – Salföld – Ábrahámhegy): ca. 22 km
Ábrahámhegy – Badacsony: ca. 8 km
Badacsony – Keszthely (über Burg Szigliget): ca. 27 km
Keszthely – Hévíz: ca. 7 km

Öffentliche Verkehrsmittel

Regelmäßige Zugverbindungen entlang des Seeufers: www.mavcsoport.hu

Zugverbindung von Keszthely nach Györ: ca. alle 2 Stunden, Dauer ca. 2.30 Stunden, Fahrradmitnahme möglich

Zugverbindung von Györ nach München (über Wien, Salzburg): Dauer ca. 5,5 h bis 6,5 Stunden, teilweise Direktverbindungen, Fahrradmitnahme begrenzt möglich und reservierungspflichtig

Sehenswürdigkeiten entlang der Route

Balatonfüred

Mondäner Bade- und Kurort mit alten Villen und grüner Uferpromenade mit Cafés und Geschäften

Gyógy-Platz mit Kossuth-Lajos-Trinkbrunnen und historischen Gebäuden

Weitere Infos zu Balatonfüred: balatonfured.hu und wikivoyage.org

Tihany

Hügelige Halbinsel mit den zwei Kraterseen Belső-tó und Külső-tó

Abteikirche im Ort Tihany: barocke Benediktiner-Kirche mit prächtiger Innenausstattung aus dem 11. Jahrhundert

Plateau mit Kalvarienberg und beeindruckender Aussicht über die Halbinsel und den See

Freilichtmuseum mit denkmalgeschützten, reetgedeckten Fischer- und Wohnhäusern

Weitere Infos zu Tihany: wikipedia.org

Siófok

Wasserturm: 45 Meter hoher, historischer Turm im Zentrum

Freilichtmuseum auf dem Hauptplatz mit sechs Skulpturen des Bildhausers Imre Varga

Park am Seeufer mit vielen Blumen und Musik-Springbrunnen

Weitere Infos zu Siófok: wikipedia.org und siofok.hu

Káli-Becken

Weitläufiges Vulkanbecken etwas oberhalb des Plattensees, mit hübschen, verschlafenen Dörfern, Steinmeeren und der Basaltkuppe von Hegyestű

Weitere Infos zum Káli-Becken: www.bfnp.hu

Badacsony

Basalthügel mit schöner Aussicht über den Plattensee und kleine Vulkanhügel in der Umgebung

Weinberge und Weinlokale am Hang oberhalb des Sees, z. B. Weingut Éliás Birtok: oder Weingut Laposa

Weitere Infos zu Badacsony: www.badacsony.com

Burg Szigliget

Mittelalterliche Burgruine auf einem Hügel mit Blick auf den Plattensee

Weitere Infos: wikipedia.org und www.szigligeti-var.hu (nur Ungarisch)

Keszthely

Schloss Festetics: großes, prächtiges Barockschloss mit Schlossgarten: wikipedia.org und helikonkastely.hu (nur Ungarisch)

Hauptplatz Fő Tér mit Vajda János Gimnázium und Kirche Unserer Lieben Frau von Ungarn

Fußgängerstraße mit historischen Gebäuden und vielen Cafés und Restaurants

Weitere Infos zu Keszthely: keszthely.hu

Héviz

Kurort mit bekanntem Thermalsee mith warmem, mineralienhaltigem Wasser

Zugang zum See über Heilbad Héviz: www.spaheviz.hu

Weitere Infos zu Ort und Thermasee Héviz: www.heviz.hu

Übernachten

in Balatonfüred

Berkenye Vendégház
Jókai Mór u. 26, Balatonfüred, 8230 Ungarn, Tel.: +36-305629334

Kék Lagúna Vendégház
Mészöly Géza u. 5, Balatonfüred, 8230 Ungarn, Tel.: +36-203381678, 

in Tihany

The Houses of History
Major u. 61, Tihany 8237 Ungarn, Tel.: +36-202992926, Web:

in Badacsony

Patent Bed&Bar Badacsony
Füge köz 16, Római út 132, Badacsonytomaj, 8261 Ungarn, Tel.: +36-304055353

in Szigliget

Rózsakert Panzió
Vadrózsa u. 3, Szigliget, 8264 Ungarn, Tel.: +36-304702796

in Keszthely

Nussbaum Panzió
Móra Ferenc u. 15, Keszthely, 8360 Ungarn, Tel.: +36-309672833

Tulipán Vendégház Keszthely
Zrínyi Miklós u. 8, Keszthely, 8360 Ungarn, Tel.: +36-309628412

in Héviz

Blue Villa Appartement House
Széchenyi u. 19, Hévíz, 8380 Ungarn, Tel.: +36-304749942

Infos über die Autorin

Dr. Christine Amrhein hat Psychologie studiert und in diesem Fach auch promoviert. Seit 2007 arbeitet sie als freie Journalistin, hauptsächlich als Wissenschaftsjournalistin.

Reisen und Fahrradtouren sind ihre großen Leidenschaften, so dass sie auch über diese Themen regelmäßig schreibt.

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