Der gezähmte Fluss: Lech-Radtour von Füssen bis zur Mündung
Vom Alpenrand bis ins Donautal: Eine Radtour am Lech ist abwechslungsreich. Von den Wasserfällen, Schlössern und Seen rund um Füssen geht es an Staustufen vorbei und durch die hügelige Weidelandschaft des Allgäus. Ab Landsberg folgt man fast stetig dem Flussufer, vorbei an historischen Wehren und vielen Wasservögeln. Von der Lechmündung bei Marxheim ist es nicht mehr weit bis ins pittoreske Donauwörth.
Zwei Stunden mit dem Zug, zwei Tage, 200 Kilometer. So lang ist die Radtour am Lech, wenn man von Füssen startet. Das Schöne dabei: Es geht mehr bergab als bergauf – von 800 hinunter auf 400 Höhenmeter. Vom Bahnhof in Füssen quert man die malerische Altstadt mit dem Hohen Schloss und gelangt zur Brücke Lechhalde, wo sich ein toller Rundblick bietet: auf die leicht schneebedeckten Spitzen der Alpen und den rauschenden, türkis-grauen Lech. Von hier ist es nur ein Katzensprung nach Süden zu einem der Höhepunkte der Tour: Dem Lechfall. Von einer schmalen Brücke blickt man links auf den breiten, tosenden Wasserfall, rechts in die schmale, schroffe Lechschlucht, über der in der Gischt ein Regenbogen leuchtet. Darüber wacht im Fels eine Büste von König Maximilian II mit Gedenktafel.
Zurück in Füssen, gelangt man durch ein Wohnviertel ans Ufer des Forggensees. Ab hier ist der Lechradweg durchgängig ausgeschildert – Radkarten braucht man also kaum. Schnell ist das Festspielhaus Neuschwanstein erreicht, wo sich vom Seeufer wieder eine eindrucksvolle Aussicht bietet: über den weiten See, die Berge und das berühmte Märchenschloss Neuschwanstein.
Staustufen, natürliche Schwellen, Lechflößerei
Nun folgt man dem Westufer des Sees, mal direkt am Wasser, mal etwas oberhalb durch den Wald, bis man Roßhaupten am Ende des Forggensees erreicht. Bald ist die erste von über 20 Lechstaustufen erreicht. Schon in den 1940er Jahren wurde beschlossen, die Wasserkraft des Lechs zu nutzen – seitdem ist der Fluss „gezähmt“ und fließt nicht mehr so natürlich dahin, wie man es von anderen Flüssen kennt. Beeindruckend sind die Staustufen aber auch: Die hohe Staumauer, die weite, aufgestaute Wasserfläche, das tosend in die Tiefe stürzende Wasser – und tief unterhalb der deutlich schmalere Lech.
Auf kleinen, kaum befahrenen Straßen erreicht man die Kleinstadt Lechbruck. Früher war sie ein Zentrum der Lechflößerei, bei der Holz und andere Waren von Füssen bis zur Lechmündung transportiert wurden. Näheres kann man im Flößermuseum erfahren. Mitten im Ort verlocken Stromschnellen und eine natürliche Schwelle zu einer kleinen Rast. Unwillkürlich stellt man sich ein Rafting-Boot vor, das in die Stromschnellen hineinfährt. Würde es durchkommen oder kentern? Hinter Lechbruck ist man bald der einzige Radler weit und breit. Mit schönem Blick auf den breiten Lechstausee geht es flott voran. Dann entfernt sich der Weg vom Lech und schlängelt sich durch die hügelige Landschaft des Allgäu, vorbei an saftig grünen Weideflächen mit Kühen, Schafen und Pferden und vereinzelten Gehöften. In Burggen kann man einen kurzen Abstecher zur Litzauer Schleife machen: Hier bildet der Lech, umgeben von Wald, ein lange, S-förmige Kurve. Weiter geht es durch das Hügelland, bis man die kleine Stadt Schongau erreicht.
Schöne Ausblicke vom Hochufer
Hier lohnt es sich, den Hügel zu erklimmen, auf dem die Altstadt liegt. Um den Hauptplatz reihen sich die Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt, das historische Ballenhaus und elegante, farbige Bürgerhäuser. Entlang der blumengeschmückten Stadtmauer und durch das historische Maxtor radelt man wieder aus der Altstadt hinaus.
Der nächste Abschnitt bis Landsberg am Lech ist etwas mühsam – und vom Fluss sieht man hier vorerst wenig. Mit einigen anstrengenden Steigungen quert man die Dörfer Hohenfurch, Kinsau und Epfach. Es folgt ein Abschnitt am Hochufer, von dem man auf den breiten, „verwilderten“ Lech hinunterschaut. In Hohenwart saust man wieder hinab zum Fluss, quert eine Brücke – und müht sich auf der anderen Seite eine schier endlose Steigung hinauf. In einem Labyrinth von Schotterwegen geht es quer durch den Wald, bevor man bei Pitzling wieder abwärts rollt. Endlich ist man wieder am Ufer des Lechs, das man nun nicht mehr so schnell verlassen wird. Durch den gepflegten Wildpark Pössinger Au radelt man gemütlich bis ins historische Landsberg am Lech. Hier kann man sich ein paar Stunden Zeit nehmen, die Altstadt mit Rathaus, Stadtpfarrkirche, Schmalzturm und Bayertor erkunden oder dem bizarren Herkomer-Turm einen Besuch abstatten. Über eine lange Brücke wechselt man wieder ans Westufer, dem man durch Wald und Wiesen bis nach Kaufering folgt.
Fast unbemerkt quer durch Augsburg
Weiter geht es auf der Ostseite, dann auf ruhigen Radwegen durch Wiesen und kleine Waldstücke. Bei Staustufe 22 kann man eine der vielen Fischtreppen bestaunen, wo Huchen und Äschen über zahlreiche Stufen flussaufwärts hüpfen können. Leider ist der Radweg am Westufer gesperrt, und erst nach einem Umweg über Königsbrunn gelangt man am Nordufer des Mandichosees wieder zum Lech. Auf dem weiteren Weg trifft man immer wieder auf rauschende, treppenförmige Schwellen im Fluss – auf der anderen Seite verlockt eine Reihe kleiner Seen zum Baden: Der Weitmannsee, der Auensee, der Kuhsee.
Bald ist das historische Wasserwerk am Hochablass erreicht, dessen Türmchen an eine kleine Kappelle erinnert. Dass man nun ganz Augsburg durchquert, ist kaum zu bemerken: Durch einen schmalen, bewaldeten Park radelt man immer am Lech entlang – und ist, ehe man sich versieht, schon in Gersthofen. Aber auch ein Abstecher ins Zentrum der Fuggerstadt ist unkompliziert: Es liegt nur etwa vier Kilometer von der Route entfernt.
Über eine Brücke gelangt man auf den schmalen Landstreifen zwischen Lech und Lechkanal, dem man nun schnurgerade durch Auwälder folgt. Immer wieder kann man einen Blick auf den Lech erhaschen, der hier von zahlreichen Kiesbänken durchzogen ist. Ein interessantes Bauwerk am Lechkanal ist das Wasserkraftwerk Langweid: Ein großes, rotes Backsteingebäude über dem Kanal, in dem sich das Lechmuseum Bayern befindet.
Am Lechspitz trifft der Lech auf die Donau
Bei Walterhofen geht es über eine Brücke, dann verlässt man den Lech wieder für eine Weile. Auf kaum befahrenen Straßen fährt man im Zickzack durch Wiesen und Felder und quert verschlafene Orte wie Ötz, Münster und Ober- und Unterpeiching. Nun sind es nur noch wenige Kilometer bis zur Lechmündung. Teilweise holpert man auf Schotterwegen hoch oben auf dem Damm entlang. Hier tummeln sich zahlreiche Wasservögel, am Ufer wuchern Seerosen und Sumpfpflanzen. Manchmal kommt man am Fluss nicht mehr weiter und muss im Bogen durch die nahgelegenen Orte fahren.
Hinter der kleinen Stadt Rain, bei der sich mit dem Kurfürstlichen Schloss, dem Rokoko-Rathaus und der Altstadt ein kurzer Besuch lohnt, ist die Lechmündung schnell erreicht: Bei einer großen Brücke über die Donau hält man sich nach links – und blickt 500 Meter später auf den schmalen Donau-Lech-Spitz, wo der breite, braune Lech in die ebenso breite, braune Donau fließt. Nun sind es nur noch etwa 15 Kilometer bis nach Donauwörth. Im Auf und Ab geht es durchs Hügelland nördlich der Donau, dann auf einem Radweg neben der Straße fast direkt am Fluss entlang.
Bald ist die Altstadt von Donauwörth erreicht. Entlang der Reichsstraße reihen sich prächtige Stadthäuser, das Rathaus und das Liebfrauenmünster. Auch in der Nähe gibt es ein nettes Viertel zu entdecken: Die Altstadtinsel Ried, die zwischen zwei Armen der Wörnitz liegt. Alte, farbige Fischerhäuser, das historische Rieder Tor und ein paar Cafés laden zum Verweilen ein. Das kann man ganz problemlos – denn von hier sind es nur fünf Minuten zum Bahnhof, wo es Anschlusszüge in alle Richtungen gibt.
Text und Fotos: Christine Amrhein
Praktische Infos
Angaben zur Route
Gesamtstrecke: ca. 200 km
Fahrtzeit: ca. 2-3 Tage
Füssen – Lechbruck: ca. 22 km
Lechbruck – Schongau: ca. 22 km
Schongau – Landsberg am Lech: ca. 35,5 km
Landsberg am Lech – Augsburg: ca. 46,5 km
Augsburg – Lechmündung bei Marxheim: ca. 48,5 km
Lechmündung bei Marxheim – Donauwörth: ca. 15 km
Infos zum Lechradweg
- bikeline-Radtourenbuch kompakt: Lech-Radweg. Von Steeg in Tirol nach Donauwörth. Verlag Esterbauer GmbH, 3. aktualisierte Auflage, Sommer 2024
- Digitaler Reiseassistent Lechradweg: www.lechradweg.info
- Infos zum Lechradweg auf der Webseite des Presseportals Allgäu: www.allgaeu.de/lechradweg
Sehenswürdigkeiten entlang der Route
Füssen
- Hohes Schloss: ehemalige Sommeresidenz der Fürstbischofe von Augsburg
- Historisches Stadtzentrum mit Kirche St. Nikolaus, Sebastianskirche, Spitalkirche, Kloster St. Mang, Lautermacherbrunnen und prächtigen Stadthäusern
- Festspielhaus Neuschwanstein am Forggensee
Lechbruck
- Flößermuseum: Geschichte der Flößerei auf dem Lech und in Lechbruck, Weidach 8-10, Lechbruck, Tel.: 08862-987830
- Stromschnellen im Ortszentrum
Schongau
- Historische Altstadt mit großem Hauptplatz, mit gotischem Ballenhaus, Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt, Kirche St. Anna, Schloss Schongau und prächtigen Stadthäusern
Landsberg am Lech
- Historische Altstadt mit Stadtpfarrkirche, Rathaus, Schmalzturm, Heilig-Kreuz-Kirche, Bayertor und alten Stadthäusern
- Mutterturm und Herkomer-Museum: Turm im Stil eines normannischen Bergfrieds, daneben Museum über den Maler und Grafiker Hubert von Herkomer, Von-Kühlmann-Str. 2, 86899 Landsberg am Lech, Tel.: 08191-128251 oder 128360
Augsburg
- Zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie Fuggerei, Fuggerstadtpalast, Dom, Rathaus, Wassertürme am Roten Tor oder die Augsburger Puppenkiste
- Nähere Infos bei der Tourist-Information, Am Rathausplatz 1, Tel.: 0821-502070, 86150 Augsburg, tourismus@regio-augsburg.de, www.augsburg-tourismus.de
Rain
- Kurfürstliches Schloss mit Schlossgarten, Kirche St. Johannes der Täufer, Rokoko-Rathaus und alte Bürgerhäuser im Zentrum
- Gebrüder-Lachner-Museum: Museum über die bayrischen Komponisten und Brüder Franz, Vinzenz und Ignaz Lachner, Kirchplatz 7, 86641Rain, Tel.: 09090-703340
Donauwörth
- Reichsstraße im historischen Zentrum mit Liebfrauenmünster, Rathaus, Fuggerhaus, Reichsstadtbrunnen und historischen Stadthäusern
- in der Nähe: Kloster Heilig Kreuz
- Haus der Stadtgeschichte: Museum über die Geschichte Donauwörths, im historischen Stadttor, Spitalstr. 11, 86609 Donauwörth, Tel.: 0906-789151
- Heimatmuseum auf der Altstadtinsel Ried: Museum in einem ehemaligen Fischerhaus, zeigt das Leben an der Donau, Fischerei und Metallhandwerk, Museumsplatz 2, 86609 Donauwörth, Tel.: 0906-789170
Übernachten in Füssen
House LA-City Hostel, Wachsbleiche 2, 87629 Füssen, Tel.: 08362-607366, info@housela.de, www.housela.de
Übernachten in Schongau
Hotel Alte Post, Marienplatz 19, 86956 Schongau, Tel.: 08861-23200, info@altepost-schongau.de, https://altepost-schongau.de in
Übernachten in Landsberg am Lech
Arthotel ANA Goggl, Hubert von Herkomer Str. 19/20, 86899 Landsberg am Lech, Tel.: 08191-3240, goggl@ana-hotels.com, https://ana-hotels.com/goggl-landsberg
Übernachten in Hurlach (günstig)
Rasthaus Hurlach an der alten B17, Kolonie 25, 86857 Hurlach, Tel.: 08248-352, www.rasthaus-an-der-b17.de
Übernachten in Augsburg
Pension Herrenhäuser, Georgenstr. 6, 86152 Augsburg, Tel.: 0821-3463173, pension.herrenhaeuser@onlinehome.de, www.pensionherrenhaeuser.online.de
Übernachten in Rain
Hotel-Gasthof Zum Boarn, Hauptstr. 26, 86641 Rain, Tel.: 09090-96010, zumboarn@stoeckle.com, https://stoeckle.com/gasthaus
Übernachten in Donauwörth
Haus Gertraud, Johannes-Traber-Str. 5, 86609 Donauwörth, Tel: 0906-5720, pension-gertrud@web.de, https://www.pension-gertrud.de
Weitere Unterkünfte im bikeline-Radtourenbuch Lech-Radweg
Die Autorin Christine Amrhein
Die Autorin, Dr. Christine Amrhein, hat Psychologie studiert und in diesem Fach auch promoviert. Seit 2007 arbeitet sie als freie Journalistin, hauptsächlich als Wissenschaftsjournalistin.
Reisen und Fahrradtouren machen ihr große Freude. Und so schreibt sie auch gerne zu diesen Themen.