Frankreich: Île de Noirmoutier
Genussradeln auf der Atlantikinsel
Man kommt nur bei Ebbe auf die Insel, wenn man für die Überfahrt vom Festland oder zurück festes Land unter den Füßen oder Reifen haben möchte. Das ist einmalig: Der Landweg Gois zur kleinen französischen Île de Noirmoutier ist bei Flut überspült und nicht passierbar. Er verschwindet schlichtweg. Man kann ihn nur 90 Minuten vor bis 90 Minuten nach Niedrigwasser nutzen. Die Zeiten ändern sich täglich mit den Gezeiten. Seit 1971 können Bewohner und Besucher der Atlantikinsel jedoch aufatmen. Eine Brücke an anderer Stelle ermöglicht den ungehinderten Zugang rund um die Uhr. Doch die Passage du Gois bleibt. Und wird weiterhin rege genutzt.

Natur und Küstenkultur der Île de Noirmoutier
Die Insel Noirmoutier liegt langgestreckt in nordwestlicher Richtung etwa 500 Meter vor der französischen Atlantikküste. Mit ihren endlosen Stränden, schimmernden Salzgärten und idyllischen Dörfern ist sie ein kleines Paradies für Naturliebhaber. Auch Radfahrern gefällt es hier: Das flache Terrain, die sanfte Brise der Küstenluft und ein gut ausgebautes Netz an Radwegen machen Erkundungstouren zu einem entspannten und zugleich abwechslungsreichen Erlebnis. Die Geschichte der Insel und die tiefe Verbundenheit ihrer Bewohner mit dem Meer sind allgegenwärtig – sei es bei einer Fahrt entlang der Salzwiesen oder beim Besuch einer traditionellen Austernfarm.
Rad fahren, wandern, skaten
Für Radfahrer gibt es auf der Île de Noirmoutier ca. 80 Kilometer Radwege mit einer guten Infrastruktur. Die flache Landschaft mit der höchsten Steigung von 23 Metern und die bestens ausgebauten Wege, die von Radfahrern, Wanderern und Skatern genutzt werden, sorgen für stressfreies Fahren. Sie ermöglichen es, die Insel nach eigener Lust und Laune zu erkunden. Die Wege führen durch Küstenwälder, entlang der Dünen oder durch das Inselinnere und sind deutlich ausgeschildert.
Jede Menge Unterkünfte und Mieträder
Spaß machen auch zahlreiche Rastplätze und Aussichtspunkte entlang der Routen. Ein Besuch der Insel ohne eigenes Fahrrad ist kein Problem: Es gibt jede Menge Fahrradverleihstationen. Insgesamt stehen auf der Insel ca. 3.000 Mietfahrräder zur Verfügung.
Eine Vielzahl an Unterkünften auf der Île de Noirmoutier haben sich auf die Bedürfnisse von Radtouristen eingestellt. Von Campingplätzen über familiäre Gästehäuser bis hin zu komfortablen Hotels ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei.
Hotel (ausprobiert)
Hôtel La Villa en l’Ile
38 Av. de la Victoire, 85330 Noirmoutier-en-l'Île
Tel. +33 2 51 39 06 82
Lavillaenlile.com
Kleiner, sehr engagierter Hotelbetrieb, geführt von den Eigentümern. Liebevoll und kunstvoll eingerichtet, alles sehr sauber und ordentlich. Highlight: Ein kleiner Pool, dessen Benutzung man vorher reservieren muss. Dann ist man aber 45 Minuten allein.
Küstentour
Genussradeln bietet die Küstenroute, die mit leichtem Schwierigkeitsgrad und mit Ausblicken auf die Atlantikküste beeindruckt. Sie ist familienfreundlich und ungefähr 20 Kilometer lang. Hier geht es zu Stränden und zu Wäldern, vorbei an Dünen und windgepeitschten Küstenlandschaften. Die Tour lässt sich flexibel verlängern oder verkürzen und eignet sich so für Tagesausflüge.
Salzgärten-Route
Die Salzgärten-Route führt durch das Marschland und gewährt Einblicke in die traditionelle Salzgärtenkultur. Reizvoll ist diese Route auch bei Sonnenuntergang, wenn das Licht auf den Salzbecken glitzert. Alternativ bietet sich ein Rundweg durch die Dörfer an, wo weiß getünchte Häuser mit bunten Fensterläden die typische Architektur der Insel zeigen. Die Fensterläden weisen je nach Farbe auf Berufsgruppen hin. So sind die Fensterläden der Fischer blau. Dafür wurde die Farbe verwendet, die beim Streichen der Boote übrig blieb.
Auch diese Tour ist etwa 20 Kilometer lang und lässt sich beliebig kombinieren.

Salzgärten und Salzbauern (Paludiers)
Die Salzgärten bilden das Herz der traditionellen Erwerbstätigkeit auf der Île de Noirmoutier. Seit Jahrhunderten ernten die Menschen hier von Hand Salz, darunter auch das berühmte Fleur de Sel. Diese handwerkliche Salzgewinnung prägt einen Teil der Landschaft. Faszinierend, dass dieses sehr alte Inselhandwerk, es soll bis in das 5. oder 6. Jahrhundert zurückreichen, bis heute erhalten geblieben ist. Besucher können Führungen durch die Salzgärten buchen und dabei die Techniken der Salzgewinnung kennenlernen. Viele Salzbauern öffnen ihre Türen und zeigen, wie sie die Salzfelder anlegen und bewirtschaften.
In kleinen Häuschen entlang der Straßen verkaufen einige Salzbauern ihre Produkte direkt. Regionale Salzprodukte sind auch in den Supermärkten der Insel erhältlich und die lokale Gastronomie setzt diese bei der Zubereitung ihrer Speisen ein.
Das Fleur de Sel wird bei der Salzgewinnung mühsam aus der obersten, sehr dünnen Schicht abgeschöpft. Dies ist Handarbeit und die Ausbeute hängt stark von den Witterungsbedingungen ab. Es ist ein besonders hochwertiges und wegen der Handarbeit teures Speisesalz mit kristalliner Körnung und besonderem Aroma.

Fischerei und Austernzucht
Fischerei und Austernzucht werden auf der Île de Noirmoutier seit vielen Generationen betrieben. Fischerinnen und Fischer fangen Meeresfrüchte wie Austern, Muscheln und Garnelen noch immer auf traditionelle Weise. Die Austernzucht soll es seit über 200 Jahren auf der Insel geben. Das feine Fleisch, verbunden mit einem intensiven Jodgeschmack, gilt als Aushängeschild der lokalen Gastronomie.
Austernrestaurant (ausprobiert)
Le Bouclard / Les Petits Bassets
Chem. des Places, 85680 La Guérinière, Frankreich
Tel. +33 6 83 49 24 29
lespetitsbassets.fr
Fakten Île de Noirmoutier
Fläche: 49 km²
Länge der Insel: 20 km
Größte Breite: 7 km, schmalste Stelle: 500 m
Einwohnerzahl: ca. 10.000
Einwohner und Besucher im Sommer auf der Insel: ca. 100.000
Höchste Erhebung: 23 m
Salzgärten: etwa 100
Austernzüchter: ca. 10 Betriebe
Hauptorte: 4 (Noirmoutier-en-l’Île, Barbâtre, La Guérinière, L’Épine)
Brückenlänge (Verbindung Festland): 583 m
„Passage du Gois“: 4,2 km lang (nur bei Ebbe befahrbar)
Strände: über 25
Anteil Ferienwohnungen in Prozent: knapp 70%
Tourismusbüros auf der Insel
Im Süden:
Rue du polder, 85630 Barbâtre
Im Norden:
Rue du Général Passaga, 85330 Noirmoutier-en-l’Île
Tel. +33 2 51 39 80 71
ile-noirmoutier.com
Häfen der Insel Noirmoutier
Port de l'Herbaudière
Haupthafen der Insel und Fischereihafen mit 550 Liegeplätzen für Berufs- und Freizeitschifffahrt.
Port de Noirmoutier
Historischer Hafen in Noirmoutier-en-l'Île, früher Handelshafen, heute für Freizeitboote genutzt.
Port de Morin
Kleiner Hafen in L’Épine, vor allem für Freizeitboote und lokale Fischer.
Port du Bonhomme
In La Guérinière gelegen, wichtig für die Austernzüchter, hauptsächlich von Arbeitsbooten genutzt.
Fahrradverleih (Auswahl)
Les vélos de Paul (ausprobiert)
33 avenue de la victoire, 85330 Noirmoutier-en-l’Ile
Tel. +33 2 51 60 26 74
https://lesvelosdepaul.com
L'Ile à Vélo
12 Rue du Boucaud, 85330 Noirmoutier-en-l’Île
Tel. +33 2 51 35 97 76
lile-a-velo.com
Bazar Bonnichon
Rue de la Prée au Duc, 85330 Noirmoutier-en-l’Île
Tel. +33 2 51 39 12 15
Cycles Charier
Place de la République, 85330 Noirmoutier-en-l’Île
Tel. +33 2 51 39 04 10
No’Vélo
17 Rue de l'Hôtel de Ville, 85740 L'Épine
Tel. +33 6 61 20 02 53 (Reservierungen per SMS)
locnovelo.com
Le Vel’hop
55 Avenue Joseph Pineau, 85330 Noirmoutier-en-l’Île
velhop-no.fr
Fazit des Autors Ertay Hayit - Chefredakteur Radtouren.de
Ich war im Oktober auf der Île de Noirmoutier. Da wirkte die Insel wie ausgestorben, weil die meisten Häuser Ferienwohnungen sind. In den Monaten Juli und August ist die Insel komplett ausgebucht und nach Einschätzung von meinen einheimischen Gesprächspartnern auch am Limit. Wer im Sommer auf die Insel möchte, sollte rechtzeitig reservieren. Die meisten Urlauber kommen aus Frankreich. Urlauber aus Deutschland sind noch eher selten.
Aus meiner Sicht macht nicht nur das frische Atlantikklima den Reiz der Insel aus. Es ist auch die Mischung aus Landwirtschaft (hauptsächlich Fischerei, Kartoffel- und Salzanbau) und den vielfältigen Freizeit- und Sportmöglichkeiten, die mich an der Île de Noirmoutier fasziniert. Und weil es hier außerhalb der Saison so entspannt zugeht. Menschen, die hier leben, haben mir erzählt, dass sie den ungezwungenen Umgang miteinander, die Natur und die Ruhe auf der Insel mögen.
Text und Bilder: Ertay Hayit